Logbuch SY PANGAEA / Red Sea
 
Eritrea

12.03 - 20.03.2005

 
Von der Sonne ist noch nichts zu sehen. Nur die unendlich vielen Sterne glitzern am Himmel. Der Wecker hat uns zu ungewohnter Zeit aus der Koje gerissen. Der Wind heult in den Wanten. Gemäss Grib-Files und Wetterberichten haben wir heute mit 25 Knoten Wind aus SE zu rechnen, doch bereits morgen soll er weg sein. Kaum zu glauben. Wir wissen von anderen Schiffen weiter im Norden, dass der Wind tatsächlich so schnell abstellen und sogar auf Nord drehen kann. Also los! Wir vertrauen den Wetterpropheten und lichten den Anker. Schnell verschwindet die Bergsilhouette vom Mersa Dudo im Dunst. Schade, konnten wir wegen dem starken Wind nie an Land.
Wir wechseln das Vorsegel so häufig, wie auf einer Regattayacht. Die kleine Fock wird kurz nach dem Ankerplatz durch die grosse Genua ersetzt. Nach einem Kurswechsel baumen wir die Genua aus. Der Wind legt zu und das ganze Geschirr muss wieder auf Deck. Die Fock ist wieder an der Reihe. Stellt der Wind wirklich schon bald ab? Im Moment sieht es nach noch mehr Wind aus.
Am frühen Nachmittag hängt das Vorsegel schlaff am Vorstag. Das einzige Überbleibsel des starken Windes, ist die unangenehme Dünung, welche unser Schiff arg hin und her wirft. Wir starten die Maschine und hoffen, dass der Wind zurück kommt. Tatsächlich streicht kurze Zeit später eine leichte Brise über das Wasser. Windrichtung NNE. Der Wind dreht weiter auf NNW, genau die Richtung, in die wir wollen.
Wie soll es weiter gehen? Wir wissen, dass wir im nördlichen Teil des Roten Meeres mit Nordwinden rechnen müssen und dann bei wenig Wind mit dem Motor in den Norden fahren müssen. Aber wir befinden uns immer noch im Süden des Roten Meeres und hier sollte es um diese Jahreszeit Südwind geben. Wir hoffen auf diese Südwinde und steuern den nächst möglichen Ankerplatz an. Am frühen Morgen sollten wir dort sein.
Die deutschen Schiffe haben sich entschieden, weiter zu fahren. Sie wollen Massawa erreichen. Die MeNeVado, HARLEKIN und HÖÖLOPLOP sind wenige Seemeilen vor uns und die JÖKE ist unmittelbar hinter uns. In der Zwischenzeit ist es Nacht geworden. Plötzlich tauchen diverse Positionslichter von Fischerbooten vor uns auf. Sie kommen schnell näher. Sofort kommt mir die Geschichte der HARLEKIN in den Sinn, die sie vor einer Stunde auf der Funke erzählt hat:
Die HARLEKIN ist in der Abenddämmerung gemütlich unter Maschine unterwegs. Zwei Fischerboote fahren parallel zueinander und kommen auf sie zu. Die HARLEKIN ändert den Kurs, um den beiden aus dem Weg zu gehen, denn sie scheinen ein Fischernetz zwischen sich zu haben. Eines der Fischerboote schert aus und kommt näher. Auf gleicher Höhe angekommen, ändert es den Kurs um 180° und fährt in kleinem Abstand neben dem Katamaran her. Ohne Vorwarnung ändert das Fischerboot erneut seinen Kurs und will vor dem Bug der HARLEKIN durchfahren. Im Heck des Fischers hängt ein Netz ins Wasser. Norbert reagiert schnell, fährt einen Bogen und mit Vollgas entfernen sie sich vom Fischerschiff. Das Fischerboot ist zu träge und fährt der HARLEKIN nicht mehr nach.
Wollten die Fischer der HARLEKIN einen Schrecken einjagen? Wollten sie den Katamaran überfallen? Oder wollten sie lediglich nach Zigaretten fragen? Das beschriebene Manöver war auf alle Fälle nicht Normal.
Ich erinnere mich, dass vor gut einer Woche auf dem Red Sea Net ein Piratenüberfall im Golf von Aden gemeldet wurde. Ein mulmiges Gefühl beschleicht mich, als nun die Positionslichter der Schiffe näher kommen. Wir ändern den Kurs, schalten die Positionslichter aus und verschwinden in der Dunkelheit. Bange Minuten vergehen. Die Lichter ziehen in geringem Abstand an uns vorbei. Keines der Schiffe kommt näher und die Lichter verschwinden achtern von uns. Das mulmige Gefühl mit jedem auftauchenden Licht bleibt.
 
Auf Deck hat sich Tau gebildet. Zusammen mit dem Sandstaub gibt das einen schmierigen, rutschigen Film. Jeder Schritt wird zum Balanceakt. Während dem ich PANGAEA zum Ankerplatz führe, wäscht Susan das rutschige Deck mit Salzwasser ab. Unglaublich, was da für eine Brühe unter der Seereeling ins Meer fliesst.
Das Wasser zwischen den Inseln der Anfile Bay ist extrem seicht. Wir getrauen uns nicht zu weit in das Wirrwarr von Riffen und Inseln hinein und setzen den Anker an einer uns passenden Stelle, unweit des Riffes einer Insel. Aus der Ferne sieht Handa Deset karg und uninteressant aus. Ob sich ein Landgang lohnt? Ein Ausflug an Land verschafft uns wenigstens ein wenig Bewegung, also wassern wir unser Dingi.
Das Riff, welches die Insel umgibt ist extrem seicht. Wir berühren mit dem Dingi den Grund und müssen zu Fuss weiter. Die Korallen sind an vielen Stellen mit langem, dickem Seegras überwuchert. Hinter einem Felsvorsprung dringt das Geschrei von Pelikanen zu uns hervor.
Der Strand ist erreicht. Wir betreten das erste Mal afrikanischen Boden. Der Sandstrand ist kurz und zu beiden Seiten bricht die Küste der niedrigen Insel schroff ab. Wind, Wasser und Wellen haben die Küstenlinie zu einem geschwungenen Bogen geformt. Wir erklimmen den kurzen Abhang und befinden uns auf der weiten Ebene der Insel. Der Boden ist übersät von spitzen Steinen und riesigen, verwitterten Muscheln. Bei genauerem Betrachten der Steine erkennen wir, dass es sich um abgestorbene Korallen handelt. Wir spazieren über ein riesiges, ausgetrocknetes Korallenriff. Wir erinnern uns an die Schnorchelausflüge in Chagos und den Malediven. Wie kommen all diese Überresten ans Trockene? Haben die Wellen und der Wind sie hierher gebracht? Oder war vor langer Zeit der Wasserstand so hoch, dass die ganze Insel ein Korallenriff gewesen ist? Es ist faszinierend und rätselhaft zugleich!
Erstaunlich ist, dass trotz des fehlenden Humuses Vegetation gedeihen kann. Zwischen den Steinen spriessen niedrige, stachlige und zähe Stauden. Der typische „Afrika Baum" fehlt so wenig wie der stachlige Kaktus. Die Insel ist eine Wüste mit spannenden Detail, wenn man nahe genug heran geht. Der Besuch der Insel lohnt sich auf alle Fälle und der Eindruck, dass sie uninteressant sein könnte, hat sich nicht bewahrheitet. Mit vielen neuen Eindrücken und Fundstücken kehren wir zur PANGAEA zurück. Wir haben uns entschlossen, in den Windschutz einer anderen Insel zu wechseln, da der momentane Ankerplatz sehr ungeschützt liegt.
Hinter der Insel schiebt sich langsam ein Fischerboot hervor. Sofort ist das mulmige Gefühl wieder da. Wird das Schiff zu uns kommen? Wenn ja, was wollen die Menschen? Unsere Reaktion stimmt uns traurig. Es ist bedenklich, was eine kleine Gruppe von Leuten mit ihren Überfällen auf Yachten bewirkt hat. Die Angst vor Angriffen sitzt tief und macht die Kontaktaufnahme mit den Einheimischen schwierig.
Leider sind die Überfälle nicht aus der Luft gegriffen. Der auf dem Red Sea Net gehörte Vorfall hat tatsächlich stattgefunden. Es erreicht uns ein Email mit dem offiziellen „Piracy Report".
 
English (offizieller Bericht)
Deutsch (Übersetzung)
 
Unser Fischerboot verschwindet hinter der nächsten Insel. Wir lichten den Anker und tuckern durch das seichte Wasser in den Wind- und Wellenschutz der nächsten Insel. Anina und Noemi wollen nicht mehr an Land. Sie wollen lieber auf dem Schiff spielen. Mir kommt das gelegen. Der kurze, wenige Schlaf der letzten Nacht beschert mir nun Kopfschmerzen. Wenn wir wirklich mitten in der nächsten Nacht wieder aufbrechen wollen, brauche ich jetzt dringend Ruhe. Ich vertraue unseren zwei Grossen, dass sie während meinem Nickerchen keine Dummheiten anstellen, und lege mich hin. Susan und Sina paddeln an Land. Sie wollen den Strand erkunden.
Begeisterungsrufe der zwei Strandgängerinnen reissen mich aus meinen Träumen. Die Zwei stehen im Dingi und halten irgend etwas in die Höhe. Ich brauche einen Moment, bis ich die Gegenstände erkenne. Es sind riesige Knochen! Die Zwei haben die Überresten eines Wales am Strand gefunden! Das muss ich mit den zwei Grossen auch gesehen haben. Nach dem Abendessen springen wir behende ins Beiboot, paddeln an Land und wandern dem Strand entlang. Als erstes treffen wir auf duzende von rostigen Blechdosen. Die Überreste eines Fischercamps… Dann ragt aus dem Sand ein Rückenwirbel des gesuchten Tieres. Die Abmessungen sind gigantisch. Mit jedem Schritt treffen wir auf weitere Teile des Skelettes, bis wir am Ende des Strandes auf den zwei Meter langen Kopf stossen. So gerne wir dieses Kopf-Fundstück in unsere Strand-Sammlung aufnehmen würden, müssen wir der Grösse wegen doch verzichten. Ein paar der Rückenwirbel finden aber den Weg auf die PANGAEA.
 
In der Nacht verlassen wir den schützenden Ankerplatz und fahren anhand der Seekarte und mit Hilfe des GPS aus der Anfile Bay aufs offene Wasser hinaus. Der Wind kommt aus östlicher Richtung, so dass wir die Segel setzen und mit Hilfe des Motors gut Höhe laufen können. Wir haben nur eine kurze Etappe von 40 Seemeilen bis zur Adjuz Island in der Howakil Bay geplant.
Im Fahrwasser der PANGAEA spritzt es wie wild. Ein grosser Fisch muss angebissen haben. Langsam hole ich die Leine ein. Ein komischer Wasserbewohner ist das. Das Ding am Haken hat zwei Flügel und einen spitzen Schnabel… Ich habe schon lange die vielen Seevögel beobachtet, wie sie immer wieder über unseren Köder hinweg geflogen sind und neugierig auf das weisse Ding im Wasser gestarrt haben. Einer der Flugkünstler hat es jetzt also tatsächlich geschafft und angebissen. Es gelingt mir, das Federvieh noch lebend auf die Badeplattform zu hieven. Zum Glück hat der Vogel nicht den Haken verschluckt. Sein gezahnter Schnabel hat sich lediglich in dem von mir gebastelten Köder aus dem Seilende verheddert. Etwas benommen hebt unser Fang kurze Zeit später wieder ab. Ob der Vogel je wieder auf Fischfang geht? Was muss das für ein Gefühl sein, wenn einem der gefangene Leckerbissen einfach unter Wasser zieht?
Auf dem Ankerplatz bei der Adjuz Island treffen wir wieder auf die deutsche Flotte. Der Gegenwind hat auch sie aufgehalten und sie haben den schützenden Ankerplatz aufgesucht.
 
Am Strand der Insel erkennen wir ein einfaches Fischercamp. Ein Zelt aus einer blauen Plane hebt sich leuchtend von der Umgebung ab. Diverse, kleine Kanus ankern im seichten Wasser vor dem Strand. Am anderen Ende der Insel stehen ein paar Hütten beieinander. Immer wieder segelt oder motort eines der Kanus zum Fischfang aufs offene Wasser hinaus. Erstaunlich, wie viele Personen in einem so kleinen Gefährt Platz finden. Die Männer in den Kanus winken uns lachend zu, wenn sie an unserem Schiff vorbei fahren.
Wie leben die Menschen auf dem vor uns liegenden Eiland? Wie sieht die Insel von Nahem aus? Neugierig paddeln wir an Land. Auch auf dieser Insel sind die Sandstrände kurz und die überhängenden Küstenabschnitte dominieren. Wir können unter dem natürlichen Steindach durchs Wasser dem Ufer entlang waten. Ein kleiner Streifen Sand mit viel Schatten lädt zum Verweilen ein.
Wir erklimmen das etwa zwei Meter hohe, überhängende Kliff hinter dem Strand und stehen nun auf der absolut flachen, mit nur wenig Vegetation bedachten Ebene der Insel. Wir nähern uns den einfachen Hütten der kleinen Siedlung. Die Häuser sind aus Ästen und Palmmatten zusammengebaut. Überall zwischen den Hütten sind Ziegen zu sehen. Manche sind angebunden, andere laufen frei in der Gegend herum. Wovon die Tiere wohl leben? Zwischen jeder Menge Abfall wachsen nur spärlich ein paar Grasbüschel um das Dorf herum. Einmal mehr stimmt es uns nachdenklich, wieviel Müll überall und vor allem wahllos um die Siedlung herum auf der Erde liegt.
In dem kleinen Dorf sind nur Frauen, Mädchen und ein alter Mann anzutreffen. Die jungen, männlichen Bewohner sind auf Fischfang. Die Frauen tragen bunte Tücher. Aus den Türöffnungen schauen sie uns neugierig nach, verstecken sich aber schnell, wenn wir unsere Blicke auf sie richten. Ein Mädchen kommt mit einer neugeborenen Ziege im Arm auf uns zu. Unsere Girls sind gleich Feuer und Flamme für das kleine Geschöpf.
Die Menschen in diesem Dorf haben wenig zum Leben. Wie unermesslich wohlhabend sind wir im Vergleich zu diesen Menschen und trotzdem sehen sie glücklich aus. Leider müssen wir mit nachlassendem Wind weiter in den Norden fahren und können von den Einheimischen in so kurzer Zeit nur wenig in Erfahrung bringen. Die sprachliche Barriere ist ebenfalls hinderlich, um mehr von den Menschen und ihrem Leben zu lernen. Viele Fragen bleiben unbeantwortet. Wie können die Leute in dieser kargen Umgebung und vor allem auf einer so kleinen Insel existieren? Was bedeuten die Zeichen im Gesicht der alten Frau? Wozu dienen die vielen Plastikbehälter in einem der Hütten? Warum fragt der alte Mann als erstes nach Aspirin?
 
Der Ankerplatz leert sich. Alle brechen nach Massawa, der grossen Hafenstadt von Eritrea auf. Wir sind hin und her gerissen, ob wir auch dorthin sollen. Auf der einen Seite würden wir gerne ins Landesinnere von Eritrea reisen, um Land und Leute kennen zu lernen. Auf der anderen Seite wollen wir so rasch als möglich im Suez Kanal sein. Eine Fahrt nach Massawa würde einen Umweg von vielen Seemeilen bedeuten mit einer langen Strecke gegen den Wind.
Zudem soll die Versorgung mit Lebensmitteln und Treibstoff in dem von Bürgerkrieg und Dürrekatastrophen gezeichneten Land schwierig oder sogar unmöglich sein. Wir entscheiden uns für eine schnelle Weiterfahrt nordwärts. Unser nächstes Ziel ist somit Sheikh el Abu im Nordosten von Massawa.
Gegen Mittag nimmt der Wind beachtlich zu und bläst mal wieder genau auf unsere Nase. Schnell bilden sich unangenehm hohe Wellen, die unser Schiff bis zum Stillstand abbremsen. Das Fahren unter Motor wird zur Qual für Schiff und Crew. Wir beschliessen, Port Smith, einen natürlicher Hafen in der Korallenlagune vor Shumma Island, anzulaufen. Gemäss Seekarte soll die enge Einfahrt mit Tonnen markiert sein und zwei Richtbaken sollen einem die Richtung in die Lagune weisen. Doch bereits der Red Sea Pilot macht darauf aufmerksam, dass alle diese Navigationshilfen nicht mehr vorhanden sind. Er behält recht. Ausser den Überresten einer steinernen Pier, welche in die Lagune ragen, können wir keine Spuren von Menschen erkennen. War diese Lagune einmal ein belebter und geschäftiger Hafen? Was ist mit dem Ort geschehen? Für die Durchfahrt im Riff sind wir ganz auf unsere Augen angewiesen. Die Passage ist eng und mein Herz klopft heftig, als wir uns mitten drin befinden. Doch Susan weist mir am Bug den Weg zum sicheren Ankerplatz.
Der Wind bläst unvermittelt mit 15 bis 20 Knoten aus NNW. Zu viel Wind, um Gegenan zu gehen. Wir ruhen uns aus und stellen uns auf eine Nacht vor Anker ein. Es kommt anders als gedacht, denn innerhalb weniger Stunden dreht der Wind auf NE und nimmt ab. Bei dieser Windrichtung können wir mit Motorsegeln eine annehmbare Geschwindigkeit erreichen und bis am nächsten Mittag am Ankerplatz Sheikh el Abu ankommen. Wir lichten den Anker und zwängen uns durch den Pass wieder hinaus ins offene Wasser. Die Kursaufzeichnung des GPS hilft dabei enorm.
 
Bis gegen Mitternacht können wir die Genua gesetzt lassen und kommen gut voran. Dann dreht der Wind zurück auf NNW. Das befahrbare Wasser zwischen den vielen Inseln ist zu eng, um sinnvoll aufkreuzen zu können. Also kommt einmal mehr nur die Maschine mit gesetztem Grosssegel zur Stabilisierung zum Einsatz. Wir sind froh, als gegen Mittag die Masten der vor Anker liegenden Segelschiffe im Sheikh el Abu sichtbar werden.
Das erste Mal im Roten Meer reizt uns das Wasser zum Schnorcheln, obwohl das Wasser frostig kalt sein wird. Die Anzeige auf dem Tiefenmeter verspricht ein Badevergnügen in 24°C. Wir sind uns anderes gewohnt… Ich darf mich als erstes vom Strand der kleinen Insel aus in die Wogen stürzen. Die vom Wind erzeugen Wellen sind nicht zu unterschätzen und ich bin gespannt, ob die Unterwasseraufnahmen brauchbar werden.
Das Gesicht ist unter Wasser und suchend schaue ich mich um. Ist die Taucherbrille beschlagen oder ist das Wasser wirklich so trübe? Ich sehe keinen Meter weit. Die Kälte kriecht mir bereits unter den Tauchanzug. Mit kräftigen Flossenschlägen schwimme ich Richtung Riffkante. Jetzt wird mir wärmer. Das Wasser wird klarer und lässt mich einen Teppich von kleinen Anemonen erkennen. Ich schwebe über die Unterwasserlandschaft, bestaune noch nie gesehene Fische und halte die Sujets im Bild fest. Die Fische sind scheu und lassen sich nur mit viel Geduld ablichten. Geduld bedeutet aber, ruhig an der Oberfläche zu verharren, sich von den Wellen herum werfen zu lassen und der Kälte Gelegenheit zu geben, in den Körper vorzudringen.
Zurück am Strand brauche ich einen Moment, bis die Sonne meinen Körper ein wenig aufgewärmt hat. Meine vier Frauen haben den Sandstrand in Beschlag genommen. Das Wasser überspült immer wieder eiserne Überreste, die tief im Sand eingegraben sind. Hinter der Stranddüne entdecken wir einen weiteren Platz mit gleichen Überresten. Diese sind noch nicht so verrostet und wir erkennen ein Kanonenrohr… Der Krieg ist auch hier präsent. Nach diesem Fund verzichten wir auf einen Streifzug durch das Innere der Insel. Wir haben gelesen, dass viele Küstenabschnitte von Eritrea und auch diverse Inseln vermint sind. Niemand kann uns sagen, ob auf diesem Eiland diese teuflischen Dinger nicht auch vergraben sind.
 
Der Ankerplatz füllt sich. Alle Schiffe aus Massawa steuern diesen Platz an, der ein gutes Sprungbrett für die Weiterfahrt in den Norden darstellt. Was jetzt noch fehlt, ist der richtige Wind. Geduld ist angesagt.
 
© Susan & Christoph Manhart, SY PANGAEA