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04.06-23.07.2003

 
Einfach die Segel setzen und los geht es zu neuen Ufern… Doch so einfach ist das nicht und es gehört einige Vorbereitungsarbeit dazu, wenn man sich das Leben unterwegs auf dem Wasser erleichtern will.
Wir füllen alle Vorratsbehälter, die für den täglichen Gebrauch gedacht sind, aus den grossen Behältern nach: Mais, Zucker, Mehl, Flöckli und natürlich die Snack-Box. Auch werden alle grossen Fässer so gedreht, dass der Deckel geöffnet werden kann, ohne das Sicherungstau lösen zu müssen. Wir haben alles an Bord so festgezurrt, dass die Dinge auch bei Seegang an ihrem Ort bleiben.
Wir vermuten, dass wir in den ersten Tagen auf dem Meer nicht die Lust dazu verspüren, lange in der Pantry zu stehen. Darum füllen wir alle Thermoskrüge mit heissem Wasser und backen frisches Brot.
Auch die Kinder haben ihre Aufgaben, wenn es darum geht das Schiff für eine Überfahrt vorzubereiten. Sie räumen all ihre Spielsachen und Bücher weg, damit diese unterwegs keinen Schaden nehmen. Es ist immer wieder erstaunlich, was sich da überall finden lässt. Und oft ist ein Ausruf der Freude zu vernehmen, wenn ein lange gesuchter Gegenstand plötzlich wieder zum Vorschein kommt…
Auch an Deck gibt es einige Arbeiten zu verrichten. Die drei Vorsegel werden angeschlagen (Genua, Fock, und Sturmfock). Die Fallen werden vorbereitet, die Windselbststeueranlage eingerichtet und das Walkerlog montiert. Und dann wollen auch noch alle losen Teile irgendwo verstaut oder festgezurrt werden. Als letztes kommt das Beiboot an Bord und wir sind bereit für die nächsten 1500 Seemeilen.
Wir haben bis spät in die Nacht an unserem gerissenen Gross-Segel gearbeitet, doch wir sind mit unserer Arbeit sehr zu frieden. Die Abfahrt ist für den frühen Nachmittag geplant und wir wollen den Morgen in aller Ruhe geniessen.
„Christoph, warum hat unser Brotsack plötzlich ein Loch?" Ein Blick auf den beschädigten Sack bestätigt meine Vermutung: Es sind die Beissspuren einer Maus oder Ratte! Wir sind vor Anker und haben plötzlich ein solches Tier an Bord. Bei mir läuten die Alarmglocken. Wie haben wir dieses Tier an Bord geschafft? Was ist zu tun? Wir haben keine Mittel an Bord, um diesen unliebsamen Gast zu bekämpfen und die goldige Mausefalle vom Grossätti ist fast 9000 Seemeilen weit weg. Wenn wir das Tier nicht loswerden, wird es sich an unseren Lebensmitteln vergreifen und wenn es keine mehr findet die elektrischen Leitungen anknabbern.
Ob die Belegschaft von NCL uns eine Mausefalle geben kann? Ein Versuch ist es wert und da das Dingi schon an Bord verstaut ist, schwimme ich an Land. Warum muss eine Abfahrt immer mit einem Sportprogramm verbunden sein…? Von Boby herhalte ich tatsächlich eine Mausefalle und auch noch ein paar Päcklein Gift. Das widerstrebt mir zwar, doch wir haben keine andere Wahl. An Bord gibt es unendlich viele Orte, wo sich das Tier verstecken und verkriechen kann.
 
Tabuaeran ist hinter dem Horizont verschwunden und es umgibt uns einmal mehr die riesige Wasserwüste des Pazifik. Wir sind alleine.
Der Passatwind aus Ost-Süd-Ost bläst konstant mit 20 bis 25 Knoten Geschwindigkeit und schiebt unser Schiff mit bis zu 6 Knoten durch das tiefblaue Wasser. Wir kommen gut voran und wir geniessen das schöne, angenehme Segeln. Das Walkerlog zeigt uns die zurückgelegte Strecke an. Wir machen bis zu 140sm in 24 Stunden, was für PANGAEA ein sehr gutes Etmal ist.
Das Walkerlog ist eine geniale Erfindung und schon mehr als 200 Jahre alt. An einem langen Tau wird ein Propeller nachgeschleppt, der sich mit der Fahrbewegung des Schiffes zu drehen beginnt. Das Tau überträgt die Drehbewegung auf das eigentliche Log, wo dann die zurückgelegte Strecke wie an einer Uhr abgelesen werden kann. Unaufhörlich drehen sich die zwei Zeiger.
Ein grosser Graben muss demnächst im Wasser zu sehen sein und es muss mächtig rumpeln, wenn wir dort durchfahren: Wir meinen natürlich den Äquator 0°N/0°S. Doch die Überquerung dieser magischen Linie verschläft die ganze Besatzung. Nur der Skipper ist wach und sucht vergeblich nach dem Graben oder der breiten, weissen Linie auf dem Wasser. Jetzt sind wir auf der Südhalbkugel unserer Erde. Sina ist die einzige, welche die Überquerung des Äquators zu würdigen weiss. Genau an diesem Tag strahlt ihr erster Zahn aus ihrem sonst noch zahnlosen Mund.
Wir stehen nicht mehr selber am Steuer. Die elektrische Selbststeueranlgage oder die Windfahnensteuerung übernimmt diese Aufgabe. Unsere Seemännische Aufgabe beschränkt sich hiermit im Ausschau halten nach anderen Schiffen.
Das ist auch die einzige Aufgabe, die wir während der langen Nachtwachen zu erledigen haben. Das ist ganz schön einschläfernd und so fallen mir immer wieder die Augen zu. Ein spannendes Buch zu lesen hilft, um wach zu bleiben. Doch kaum ist das Buch zur Seite gelegt und die Lampe ausgelöscht, werden die Augen wieder schwer. Nur einen kurzen Moment hinlegen und schon bin ich eingeschlafen. Was war das für ein Geräusch? Ich schrecke aus dem Schlaf hoch und suche rundum den Horizont ab. Nichts ist zu sehen, nur die Sterne funkeln am Himmel und der Mond verwandelt das Wasser in einen silbrigen Tiegel. Die Lichter eines anderen Schiffes sind nicht zu sehen.
Doch was war das für ein Geräusch? Es hört sich wie das Quietschen der Selbststeueranlage an, doch diese ist es nicht. Dann endlich erkenne ich, was der Auslöser dieses Geräusches ist: Es sind Seevögel, die unser Schiff immer wieder begleiten. Woher kommen diese Vögel? Das nächste Land ist doch mehrere 100 Seemeilen von uns entfernt? Von Tabuaeran bis zum Suvarov Atoll ist doch gar kein Land, keine andere Insel zu finden?
Ein Blick in die Seekarte belehrt mich eines besseren. Es gibt da schon noch andere Inseln zu finden: Wairuna Shoal, Rakahanga und Manihiki. Ich nehme eines unseren Seehandbücher zur Hand (Sailing Directions, Pacific Islands) und lese nach, was über das Wairuna Shoal darin zu finden ist:
Wairuna Shoal (5°12'S, 162°01'W), which may not exist, was reported (1915) as a dangerous braking reef. This position is about 300 miles NNW of Rakahanga Atoll.
Ob diese Untiefe wirklich existiert oder nicht, haben wir nicht herausgefunden. In einem grossen Abstand passieren wir die Stelle, die in den Seekarten angegeben ist. Ich staune ab der Angabe im Seehandbuch. In unserer modernen Zeit, wo wir Menschen alles zu wissen scheinen, ist nicht bekannt, ob diese Untiefe wirklich existiert. Das Meer hat immer noch viele verborgene Geheimnisse.
 
Unser Cockpit hat unterwegs die verschiedensten Gesichter und wird für alle möglichen Tätigkeiten gebraucht. Die meiste Zeit des Tages verbringen wir an diesem geschützten Ort. Hier wird Wäsche gewaschen, gemalen, Geschichten erzählt, Hängematten aufgehängt, geschlafen, gegessen, die Segel hochgezogen und die Schoten verstellt.
Ab all diesen Tätigkeiten vergessen wir manchmal fast, von Zeit zu Zeit einen Blick über die Reeling zu werfen. Denn auch ausserhalb des Schiffes spielen sich ein paar wichtige Dinge ab: Das Wetter und der Seegang.
Immer wieder kommt eine schwarze Wand auf uns zu. Zieht sie vor uns durch oder sind wir schneller? Oder werden wir mitten durch segeln? Eine solche schwarze Wand ist immer mit Regen und zum Teil mit sehr starken Winden verbunden. Wir haben gelernt, schon frühzeitig die Segelfläche zu verringern, noch bevor der Regen und der starke Wind überhaupt einsetzten. Doch manchmal sind wir zu langsam und dann wird es bei der Arbeit mit den Segeln nass.
Bevor ich auch nur einen Schritt aus dem Cockpit mache, um auf dem Vordeck an den Segeln zu arbeiten, ziehe ich mir meine Rettungsweste an. An diese hake ich den Lifebelt, ein mit drei Karabinerhaken bestücktes starkes etwa drei Meter langes Gurtband. Vom Heck bis zum Bug haben wir zwei Sicherheitsleinen gespannt, in welche ich nun meinen Lifebelt einhaken kann. Auf diese Weise bin ich jederzeit mit dem Schiff verbunden. Eine grosse Welle kann jederzeit dem Schiff einen Schlag versetzen und wenn ich in diesem Moment beide Hände für die Segel gebrauche, kann ich mich nirgends am Schiff festhalten und würde über Bord gespült. Der Lifebelt ist meine dritte Hand, die sich immer am Schiff festhält.
So gesichert begebe ich mich auf das tanzende, schaukelnde und nasse Vordeck. Susan und Anina bedienen die Fallen. Sobald ich in Position bin, lösen sie das Tau und die grosse Genua rauscht herunter. Der Wind zerrt mit unglaublicher Kraft an dem schweren Tuch und es braucht all meine Kräfte, um das Segel an Deck zu ziehen. Ich sichere das Segel an der Reeling, bereit für den nächsten Einsatz mit weniger Wind. Nun wechsle ich alle Taue (Schoten und Fallen) von der Genua zur kleineren Fock. Ist alles bereit gebe ich Susan und Anina im Cockpit ein Zeichen und mit vereinten Kräften ziehen sie das Segel in die Höhe. Das ist ein gutes Training für die Oberarmmuskeln. Ich achte am Bug darauf, dass das Segel nirgends einhakt und dadurch einen Riss bekommt.
Ich fühle mich wie auf der grossen Piratenschaukel am Jahrmarkt. Der Bug von PANGAEA steigt in die Höhe und ist mehrere Meter über der Wasseroberfläche. Im nächsten Moment saust er wieder herunter und klatscht auf die Wellen, dass das Wasser auf alle Seiten spritzt und das Deck mit Wasser überflutet wird. Ich bin nass…
Sieht es nach gar viel Wind aus, verkleinern wir auch noch die Segelfläche des Gross-Segels. Zu diesem Zweck ist das Segel mit starken Ösen versehen, welche am Baum festgemacht werden können.
Nach einer Viertelstunde sitze ich wieder im Cockpit. Und wo bleibt nun der Regen? Die schwarze Wand war schneller und zieht vor uns vorbei. Also können wir die Segelfläche wieder vergrössern…
Bei jedem Segelwechsel kontrolliere ich unsere Segel. Wir wissen, dass die Segel von PANGAEA alt sind und so entstehen immer wieder Risse, die wir reparieren müssen. Ein besonderes Augenmerk gilt natürlich unserem Flick im Gross-Segel. Hält unsere Reparatur? Ja, dafür löst sich unser Sonnenverdeck über dem Cockpit immer mehr auf. Die starke Sonnenstrahlung, Wind und Wetter haben den Stoff brüchig gemacht. Jeder Flick hält nur kurze Zeit und schon reisst der Stoff wieder. Am nächsten Ankerplatz wird sicher das Nähatelier eröffnet.
 
„Was macht man eigentlich so lange auf so engem Raum mit zwei quietsch lebendigen Mädchen und einem Baby? Wird es den Kindern nicht langweilig?
Anina und Noemi halten sich im ganzen Schiff auf. Es gibt keinen Ort, wo sie nicht zu finden wären. Das Geschaukel macht ihnen überhaupt nichts aus und sie können Stunden lang unter Deck bleiben und spielen. Da wird plötzlich aus einem Kleiderbügel eine Säge und alle Holzteile werden zersägt. Im nächsten Moment ist der Kleiderbügel wieder ein Kleiderbügel und die feuchten Kleider werden zum auslüften aufgehängt. Und dann kann der gleiche Bügel doch auch als Trommelschläger benutzt werden. Und was ist die Trommel? Eine grosse, umgedrehte Blechbüchse tönt am schönsten und vor allem am lautesten…
Ein Stück Tuch wird zur Hängematte für die Puppenkinder. Ob da Sina auch drin Platz hat? Versuchen wir es doch einmal. Und tatsächlich schläft unsere Jüngste schon nach kurzer Zeit in der für die Puppenkinder gedachten Hängematte im Cockpit. Der Stoff kann überall aufgehängt werden und sogar im Salon finden sich zwei Pfosten, die den richtigen Abstand haben.
Plastiksäcke zu füllen ist eine Freude. Anina und Noemi sind Weltmeister darin. Von den kleinsten Säcklein bis zum grössten Sack füllen sie jede Tasche. Erstaunlich, was da alles drin Platz findet: Topflappen, Besteck, Zmorgeschüssel, Werkzeug, Farbstifte, und vor allem Dinge, die Mama und Papa nachher vermissen. Die gefüllten Taschen gehen dann auf Wanderschaft. In der Bugkoje werden noch ein paar Bilderbücher eingepackt und in der Heckkoje, auf dem Bett von Papa, wird alles wieder ausgelegt. Wow, das alles haben wir eingekauft!
Die liebste Beschäftigung ist zur Zeit aber Sina. Die kleine Dame wird von Anina und Noemi so richtig verwöhnt und gehätschelt. Schoppen geben, Geschichten erzählen, zum Sitzen aufrichten, und, und. Sina muss sich sehr viel gefallen lassen und sie lässt es auch zu. Auch Anina und Noemi müssen einiges einstecken, da Sina nach allem greift, was ihr in die Nähe kommt. Besonders die Haare sind da ganz beliebt.
Unsere Kinder können sich also sehr gut selber beschäftigen. Doch sie lieben es, von uns Geschichten und Fingerverse erzählt zu bekommen, gemeinsam zu malen, zu töpfern und zu basteln.
Wenn die Wellen PANGAEA all zu arg zum schaukeln bringen, dann gibt es unser Wellen-Verschick-Spiel. Die grössten Brecher schicken wir per Luftpost zu Euch nach haus, aber wirklich nur die aller höchsten. Lange schauen wir den Wellen nach. Wann werden sie wohl bei Euch ankommen?
Jedes Spiel und jede Arbeit strengen an und machen hungrig. Also steigen wir in die Pantry im Bauch der PANGAEA. Von der NCL-Belegschaft haben wir einige Frischprodukte erhalten: Rüebli, Tomaten, Peperoni und Sellerie. Von einer Familie erhielten wir sogar einen riesigen Kürbis. All diese Sachen verwandeln sich unter den Händen von Susan immer wieder in feine Gerichte.
Das Kochen ist aber nicht sehr einfach auf unserem schaukelnden Schiff. Um heisses Wasser zu kochen, nehmen wir den Dampfkochtopf, den wir mit dem Deckel dicht verschliessen können. Wir demontieren einfach das Ventil, damit sich kein Druck aufbaut. Auf diese Weise bleibt das Wasser in der Pfanne und verteilt sich nicht im ganzen Schiff. Auch unsere normalen Trinkbecher und Porzellantassen haben wir verstaut. Bei Seegang sind sie unbrauchbar. An ihre Stelle sind verschliessbare Tassen und Trinkflaschen getreten. Manchmal braucht es grosse Überwindung, um in die Pantry zu steigen und das flaue Gefühl im Magen treibt einem immer wieder ins Cockpit.
Bichermüessli ist eines unserer wichtigsten Gerichte. Es ist schnell zubereitet und der Herd muss nicht angeworfen werden. Doch bei jedem Apfel, den wir aus unserem grossen Netz nehmen, werden wir an unseren Blinden Passagier erinnert. Immer wieder entdecken wir Fressspuren an den Früchten.
Die Mausefalle wird ausgelegt. Als Köder verwenden wir Erdnussbutter. Das wurde uns vom Tauchinstruktor auf Tabuaeran empfohlen. Doch nach zwei Tagen ist die Maus immer noch nicht in die Falle gegangen. Ob wir wirklich ein solches Tier an Bord haben? Ja, denn immer wieder verschwinden Dinge aus unserem Kompostkübel und wir finden in der Pantry Kotspuren. Wir vermengen die Abfälle im Kompostkübel mit den Giftkörnern. Am nächsten Morgen sind alle Körner weg. Und jetzt? Zwei Tage später finden wir immer noch frische Fressspuren an unseren Früchten. Hat das Gift nicht gewirkt?
 
Sieben Tage sind wir nun schon bei bestem Wind und schönstem Wetter unterwegs. Nun schläft der Wind ein. Das Meer liegt spiegelglatt vor uns. Die Segel hängen schlaff herunter und PANGAEA macht praktisch keine Fahrt mehr. Jetzt könnten wir doch den Motor benutzen. Nein, es widerstrebt uns diese einmalige Stille mit unserem Motor zu stören. Wir haben Zeit und sind nicht in Eile. Und so geniessen wir die Ruhe und Stille mitten auf dem Pazifik. Meine Gedanken gehen in die hektische Zeit von Hawaii und in Europa zurück und die Frage stellt sich mir, was eigentlich Zeit ist.
Zeit: Es ist geradezu märchenhaft, dass die Datumslinie als Koordinate exakter Wissenschaft ausgerechnet den Stillen Ozean schneidet und damit jeder Tag im Pazifik beginnt. Schneller und schneller werdend reist der Tag um die Welt. In Europa gerät er in Eile, in Amerika ausser Atem. Schliesslich taucht er zum grossen Reinigungsbad zurück in den Pazifik, um sich, etwa bei den leeren Phoenix-Atollen, frisch, ermuntert, sauber und majestätisch neu zu erheben. Als ein neuer Tag zu einer neuen Rund.
Hier, wo wir uns gerade befinden, beginnt also jeder neue Tag. Ein erhabenes Gefühl.
 
Zwei Tage dauert die Flaute, dann kommt wieder eine schöne Brise auf. Bereits ist auch wieder die erste dunkle Regenwand zu sehen. Wir wechseln vorsichtshalber die Genua gegen die Fock aus und bergen das Besansegel. Das Gross lassen wir mit einem Reff stehen. Die vergangenen Regenfronten waren immer von kurzer Dauer und der Wind flaute immer schnell wieder ab. Ich bin einfach zu müde, um vor und nach jeder Regenwand nach Vorne zu eilen und die Segel zu wechseln.
Doch dieses Mal scheint alles anders zu sein. Der Regen hört nicht mehr auf, der Wind lässt nicht nach. Das zuvor spiegelglatte Meer wird immer wilder und die Wellen immer höher. Der Aufenthalt im Cockpit ist nass und unangenehm. Auch unter Deck ist es nicht mehr so gemütlich. Da wir keine Luke öffnen können, wird es extrem warm und feucht. Unsere Stimmung leidet darunter und vor allem die Kinder bekommen das zu spüren.
An meinem Bein und an den Füssen klaffen einige eitrige Wunden, die ich mir bereits in Tabuaeran zugezogen habe. Bei Susan sehen die Beine noch viel schlimmer aus. Eine Wunde reiht sich an die andere und immer neue entstehen. Zuerst sehen die Stellen wie eine kleine Akne aus. Dann werden sie immer grösser und eitrig. Diese Wunden sind sehr schmerzhaft und schon die kleinste Berührung lässt uns aufzucken.
Wir konsultieren unser Medizinbuch und versuchen herauszufinden, was mit uns los ist. Wir werden fündig: Furunkel, Karbunkel, Abszesse. Es handelt sich dabei um eine bakterielle Infektion. Nun erinnern wir uns auch an die Hautauschläge der Einheimischen auf Tabuaeran. Genau so haben diese ausgesehen. Was können wir dagegen tun? Wir versuchen alles Erdenkliche, doch nichts hilft. Bei starkem Befall wird der Einsatz von Antibiotika empfohlen. Wir haben ein solches Mittel an Bord, doch es ist ein sehr starkes Mittel und wirklich nur als Notfall-Medikament gedacht. Vor allem bei Susan wäre ein Einsatz nötig. Da sie Sina aber immer noch stillt, will sie das Mittel aus diesem Grund nicht einnehmen. Bei mir ist der Befall noch nicht so stark und der Einsatz von Antibiotika nicht gerechtfertigt. Und so versuchen wir mit Verbänden und Salbe unsere Wunden zu versorgen.
Ich sitze gerade im Cockpit, um mal wieder einen heftigen Regenschauer über mich ergehen zu lassen, als es einen lauten Knall gibt. Was ist geschehen? Ein Blick zum Gross-Segel gibt mir die Anwort: Es ist an zwei Stellen gerissen und die Risse sind über zwei Meter lang… Unbrauchbar also. Doch die Risse sind zwischen dem ersten und zweiten Reff und so können wir das Gross mit zwei eingebundenen Reffs doch noch benutzen. Eigentlich hätten wir das zweite Reff schon lange einbinden sollen. Doch unsere Müdigkeit und unsere Schmerzen haben unsere Aktivitäten auf ein Minimum reduziert.
Die Feuchtigkeit und auch der Gestank im Bauch der PANGAEA wird langsam aber sicher unerträglich. Woher kommt der Gestank? Wir haben da unsere Vermutung, denn seit ein paar Tagen haben wir keine neue Fressspuren mehr entdeckt. Die Maus wird also irgendwo tot in unseren Sachen liegen und diesen Gestank verbreiten. Die Bugkoje haben wir schon vor ein paar Tagen hermetisch verschlossen, da ich die Maus bei einem ersten Räumungsversuch noch lebend darin gesehen habe. Beim jetzigen Wetter und Seegang ist das Ausräumen der Bugkoje aber nicht angebracht.
 
Unser nächstes Ziel wäre das Suvarov Atoll gewesen. 70 Seemeilen sind wir noch davon entfernt, doch bei den im Moment herrschenden Wetter- und Seeverhältnissen könnten wir gar nicht in die Lagune einfahren. Wir entscheiden uns schweren Herzens auf dieses Atoll zu verzichten und direkt nach Pago Pago zu segeln.
Endlich, nach über vier Tagen verziehen sich die gröbsten Regenwolken und die Sonne scheint wieder. Nachdem wir sicher sind, dass es nicht gleich wieder aus allen Kübeln zu giessen beginnt, machen wir uns daran die Bugkoje auszuräumen. Alle Luken werden aufgerissen und alles Material an Deck gehievt. Jetzt soll einfach keine Welle auf die Idee kommen zu uns an Bord zu steigen. Im letzten Stauraum finden wir die „kleine" Maus und schaffen sie von Bord. Es stinkt fürchterlich und es braucht sehr viel Überwindung, alles zu reinigen, muss ich den Kopf doch tief ins Loch stecken… Von jetzt an werde ich alle Sachen noch genauer untersuchen, bevor ich sie an Bord nehme.
Leider haben unsere Verbände und unsere Salbe keine Linderung unserer Wunden gebracht. Wir haben nur noch einen Wunsch: So schnell wie möglich in Pago Pago ankommen.
Nach 17 Tagen auf See ist es dann endlich so weit. Am Montag 21. Juni um 10:00 Uhr legen wir am Quarantänensteg an. Leider dauert das Einklarieren über 24 Stunden. Fünf offizielle Stellen müssen bei uns vorbeikommen: Immigration, Health Department, Agriculture, Customs und Harbor Control. Leider erscheint der Zoll nicht bei uns. Auch auf mehrmaliges Nachfragen bei Harbor Control erscheint niemand bei uns an Bord. Schlussendlich dürfen wir doch an Land und ich gehe beim Zoll persönlich vorbei. Endlich dürfen wir an Land!
Craig von der Ketch KIPONA (wir haben sie auf Tabuaeran kennengelernt) begleitet uns in den Spital von American Samoa. Hier erhalten wir fachkundige und gute Betreuung. Die Wunden von Susan werden gereinigt und verbunden und sie bekommt ein für Sina unbedenkliches Antibiotika.
Die Behandlung hat übrigens 15 US$ und die Medikamente 10 US$ gekostet...
Und jetzt erholen wir uns erst einmal von den Strapazen dieser Überfahrt. Maus, Infektion und Wetter haben an unseren Nerven und Kräften gezehrt.
 
Regenwand
 
Cockpit
 
Haarpracht
 
Töpfern
 
segeln
 
DA - LAND!
 
Manu'a
 
Sammeln
 
Hängematte
 
Blauwasser
 
basteln
 
Ausguck
 
Vorsegel
 
Einklarieren