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19.01 - 28.01.2005

 
Staunend stehen wir vor dem modernen, riesigen und hohen Zollgebäude. Glas und Metall dominieren als Baumaterialien. Hier müssen wir unser „Inter Atoll Cruising Permit" abgeben, welche wir vom Zoll in Addu für unsere Fahrt durch die Atolle der Malediven bekommen haben. Die Eingangstür des Gebäudes ist verschlossen. Ich blicke durch das Glas ins Innere und erkenne eine Person, die mich zur Rückseite des Gebäudes winkt.
Hier befindet sich eine kleine Wachloge und der Zollbeamte erklärt uns, dass heute ein Feiertag sei und deshalb alles geschlossen habe. Wir können ihm aber unsere Permit überreichen. Er will wissen, wer unser Agent in Male' sei. Einen solchen haben wir nicht und wenn wir einen nehmen, dann wird es die Firma AMSCO sein. Der Zollbeamte empfiehlt uns dringend, einen Agenten zu nehmen. Das Ausklarieren sei sonst sehr aufwendig. Wir werden es uns überlegen. Jetzt wollen wir viel lieber wissen, wo es feine Glace zu kaufen gibt. Der Beamte empfiehlt uns das Seagull Café House, welches sich ganz in der Nähe befindet.
Wir nehmen nicht den direkten Weg, sondern verlieren uns in den schmalen, engen Gassen zwischen den himmelhohen Gebäuden. Der Baugrund in Male' ist rar und darum wachsen die Bauten in die Höhe. Es ist faszinierend, die unterschiedlichen Baustile zu betrachten. Da gibt es herkömmliche, einfache Steinbauten und gleich daneben ein mit Absicht schief in die Höhe wachsender Glaspalast. Im Parterre aller Gebäude sind die unterschiedlichsten Geschäfte zu finden. Wegen des Feiertages haben fast alle geschlossen.
Wir biegen in eine etwas breitere Strasse ein. An der Kreuzung regelt ein Lichtsignal den Verkehr. Im nächsten Augenblick brausen dutzende Motorroller und einige Autos an uns vorbei. Die motorisierten Zweiräder sind mit Abstand das beliebteste Transportmittel auf den Strassen der Malediven. Ca. 700 Pkws und ungefähr 25'000 Zweiräder sind im Inselstaat registriert und diese hauptsächlich in Male'…
Wir schlendern gemütlich dieser Strasse entlang und schauen uns um. Plötzlich hält ein Motorroller neben uns. Zwei Männer sitzen darauf. Sie wissen, dass wir die Crew von der PANGAEA sind. Sie seien die Besitzer von AMSCO und sie hätten soeben einen Anruf vom Zoll erhalten. Male' scheint ein grosses Dorf zu sein... Verblüfft und mit der Visitenkarte von AMSCO in der Hand schlendern wir weiter. Die zwei folgen uns noch eine ganze Weile auf ihrem Roller.
Am Geldautomaten einer Bank beziehen wir mit unserer Postcard Geld in der Landeswährung. Es ist erstaunlich und unheimlich zugleich, wie unsere Welt elektronisch vernetzt ist. Dieser Automat weiss doch tatsächlich, auf welchem Konto er nun den abgehobenen Betrag abbuchen muss. Für uns Fahrtensegler ist das eine grosse Erleichterung. Sonst müssten wir grosse Beträge an Bargeld mit uns führen und im jeweiligen Land in die Landeswährung tauschen.
Wir beschliessen den Tag mit einem feinen Glace im Seagull Café. Ein schöner Innenhof mit schattigen Plätzen lädt zum Verweilen ein. Der Strassenlärm dringt nur gedämpft über die hohe Mauer.
 
Lautes Rufen, Auto- und Mopedlärm, buntes Treiben überall. Mittendrin zwei Falträder, ein knallig gelber Veloanhänger, drei Mädels und die schweissnassen Eltern: Die PANGAEA-Crew ist wieder im Strassengewühl von Male'. Die Einheimischen starren uns und vor allem unser auffälliges Gefährt neugierig an. Wir versuchen, uns in dem scheinbar unübersichtlichen und chaotischen Getümmel, zurecht zu finden und unsere Einkäufe zu tätigen. Der Feiertag ist vorbei und alle Geschäfte haben geöffnet.
Ein kleiner Laden reiht sich an den nächsten. Es scheinen unendlich viele zu sein. Jeder Verkaufsraum ist bis auf den letzten Quadratmeter ausgenutzt. Manchmal ist nur ein schmaler Gang vorhanden, durch welchen wir tiefer in das Geschäft vordringen können. Angeboten wird alles, wobei wir nach einer gewissen Zeit vier Typen von Läden unterscheiden können: Abgepackte Lebensmittel und Haushaltsprodukte, Frischprodukte, Wholesaler und Hardware. Interessant ist, dass alle Geschäfte in etwa die gleichen Produkte anbieten. Wir fragen uns, wie all diese vielen kleinen Läden bestehen können.
Wo sollen wir mit unserem Einkauf beginnen? Wie wollen wir vorgehen? Jedes Mal die Fahrräder abschliessen ist umständlich. So warte ich meistens vor den Geschäften, bis Susan sich ein Bild vom Inneren gemacht hat und mit mir dann den nächsten Einkauf bespricht. Eine grosse Hilfe dabei ist natürlich die von Susan gut vorbereitete Einkaufsliste.
In einem Geschäft erstehen wir einen 30kg Sack Kartoffeln. Bei einem Wholesaler diverse Schachteln Büchsengemüse. Beim nächsten Laden ein paar Tomaten, Gurken und einen Kohl. Im Geschäft an der Ecke diverse Kleinigkeiten, und, und, und… Schon bald einmal müssen Noemi und Sina ihren Platz im Leggero räumen und unseren eingekauften Sachen Platz machen. Sina darf ins Tragtuch und Noemi auf den Gepäckträger von Mami. Anina behält ihren Sitz auf meinem Gepäckträger. Es ist nicht einfach, in all den Geschäften unsere Sachen zusammen zu suchen. Obwohl jeder Laden in etwa das Gleiche anbietet, bestehen bei genauem hinsehen doch gewisse Unterschiede und vor allem bei den Frischprodukten variiert die Qualität enorm.
Die Ladegrenze der Fahrräder und des Anhängers sind erreicht und auch der Erschöpfungsgrad von Kindern und Erwachsenen hat ein bedrohliches Niveau erreicht. Fahren ist bei dem hier herrschenden Verkehr und dem schwer beladenen Anhänger nicht mehr ratsam. Die Kinderbeine dürfen ruhen und die Erwachsenen schieben ihre Packesel durch die engen Strassen dem Fähranleger entgegen.
Wir haben uns gemäss den Kleidervorschriften des Landes gekleidet: Lange Hosen und ein Top, welches die Schultern bedeckt. Jetzt kleben die Kleider an unserem Körper. Wir sehnen uns zurück auf unser Schiff, wo wir wieder leichter bekleidet herumlaufen dürfen. Doch es wird noch mindestens eine Stunde vergehen, bis wir wieder an Bord von PANGAEA sind.
Wir erreichen den Fähranleger. Jede halbe Stunde (mit Ausnahmen natürlich) fährt eine Personenfähre von Male' nach Hulumale, wo unser Schiff in der Lagune vor Anker liegt. Wir haben Glück und eine Fähre liegt zur Abfahrt bereit. Schnell erstehen wir am Schalter zwei Tickets für je 5 Rufia (50 Rappen). Unsere Einkäufe im Leggero müssen wir ausräumen, denn das Gefährt ist zu schwer, um von der Pier auf die Fähre gehoben zu werden. Vor allem, weil die Reeling am Bug des Dhoni ein klein wenig zu eng zusammen steht, um den Anhänger zwischendurch zu bekommen…
Endlich ist alles an Bord und wir lassen uns erschöpft auf die harten Sitzbänke fallen. Der grosse Dieselmotor dröhnt auf, die Fähre legt ab. Im engen Hafenbecken vollführt das doch recht lange Schiff eine Tellerwende. Dabei kommt es der Pier mit seinem Heck schnell immer näher. Ich schliesse die Augen und erwarte jeden Moment den Aufprall. Nichts geschieht und das Schiff schiesst aus der Hafenausfahrt hinaus aufs offene Wasser.
Die Fahrt nach Hulumale dauert 20 Minuten. Kurze Zeit, um wieder ein wenig Kraft für die nächste Etappe unsere Rückreise zum Schiff zu sammeln. Mit ungedrosselter Geschwindigkeit braust das Dhoni durch den Pass in die Lagune auf den modernen, grosszügigen Fährterminal zu. Der Motor drückt den Bug gegen die Hafenmauer und nachdem alle Passagiere das Schiff verlassen haben und bereits die nächsten Fahrgäste auf die Fähre drängen, laden wir unsere Einkäufe, Fahrräder, den Anhänger und die Kinder aus. Können wir all unsere Sachen wieder im Leggero verstauen? Bringen wir die gleich Ordnung wieder hin? Es glückt und wir schwingen uns in die Sättel. Hier auf Hulumale, mit den breiten, kaum benutzten und guten Strassen, können wir problemlos fahren.
Einen Kilometer weiter biegen wir in ein Baustellengelände mit diversen, einfachen Bauten ein. Beim kleinen Hafen liegt unser Dingi an einen Laternenpfad angekettet auf dem Trockenen. Dingi ins Wasser werfen, alles Material umladen, Fahrräder und Anhänger abschliessen, alle Passagiere einsteigen und dann in die Riemen greifen. 400 Meter weiter draussen schaukelt PANGAEA an ihrem Anker. Wir haben es fast geschafft.
Man hat uns dringend geraten, unser Schiff gut abzuschliessen, wenn wir es alleine auf dem Ankerplatz lassen. Das haben wir gemacht, dafür ist es jetzt im Bauch der PANGAEA heiss wie in einem Backofen. Doch mit allen geöffneten Luken zieht schon bald eine kühle, frische Brise durch alle Bereiche des Schiffes. Die letzte Etappe des Einkaufs steht an: Die eingekauften Sachen vom Dingi aufs grosse Schiff hieven und in den Stauräumen versorgen. Wie sehen die Kartoffeln im Sack aus? Leider nicht genau so, wie wir es uns gewünscht haben. Viele sind bereits faulig und einen grossen Teil müssen wir für den sofortigen Gebrauch heraus nehmen. Wie lange können wir die im Moment noch Guten lagern?
Endlich ist unser Einkauf zu Ende und wir können einige wenige Punkte auf der Einkaufsliste abhaken. Es wird nicht die letzte Einkaufstour nach Male' gewesen sein.
 
Laut dröhnend hebt ein blau leuchtender Vogel vom nahen Flughafen ab. Direkt hinter unserem Schiff ist der Blechvogel noch keine hundert Meter ab Boden. Er vollführt eine Rechtskurve und entschwindet schnell unserem Blick. Unsere Mädels rätseln darüber, wohin er wohl fliegt. Bereits macht sich der nächste Vogel bereit.
Unser Ankerplatz liegt in einer grossen, seichten Lagune in unmittelbarer Nähe zum Flughafen Hulule. Viele Schiffen liegen neben uns vor Anker. Die meisten sind Touristen-Touren-Boote, die hier auf die Ankunft ihrer Gäste warten. Nur wenige Fahrten-Segelschiffe sind zu sehen. Die Lagune ist der einzige Platz in der Nähe von Male', der sich zum Ankern eignet. Direkt bei der Hauptstadt ist das Wasser rund um die Insel über 40 Meter tief. Die kleinen, engen Häfen von Male' sind den lokalen Dhonis und den Schnellbooten der Ressorts vorbehalten. Wir dürften nicht einmal mit unserem Dingi in diese Häfen fahren, was uns auch nie in den Sinn käme, denn bis nach Male' sind es über drei Seemeilen.
Tanker, Containerschiffe, Bulk Carrier, grosse Yachten und Kriegsschiffe diverser Nationen ankern vor der Hauptstadt zwischen den diversen Inseln. Für sie ist die Wassertiefe gerade richtig.
Male' ist die einzige Siedlung auf den Malediven, welche die Bezeichnung „Stadt" verdient. Dass Male' als Hauptstadt fungiert, versteht sich damit von selbst. Und dies geschieht in einem sehr absoluten Sinn. Nichts geht auf den Malediven ohne das Wissen, ohne die Einschaltung und ohne die Billigung Males. Hier haben die Regierung, die Verwaltung, die Justiz ihren Sitz und jeglicher Handel wird über die Stadt abgewickelt. Male' ist das unumstrittene wirtschaftliche, politische und religiöse Zentrum der Malediven.
Ursprünglich bestand die Stadt aus einer Ansammlung von Palmhütten, die sich um den Sultanspalast scharten und noch um 1900 lebten hier gerade 2000 Menschen. Jedes der besseren Häuser verfügte damals über eine eigene Badebecken, die man später im Zuge der Malaria-Bekämpfung zuschüttete. Die ganze Stadt war mit einem Mauerring umgeben (der Name Male' leitet sich von dem Hindiwort "Mahal" ab, was "Festung" oder "Schloss" bedeutet). Diese Mauer wurde zusammen mit dem Sultanspalast Ende der sechziger Jahre niedergerissen. Male' kann deshalb kaum noch historische Bauwerke vorweisen.
Male' ist mit ca. 2 km² (1.8 km lang, 1.2 km breit) die kleinste Hauptstadt der Welt. Von den insgesamt 311'000 Einwohnern der Malediven leben etwa 70'000 in Male'. Die Stadt platzt aus allen Nähten und mit Massnahmen zur Landgewinnung wird versucht den Druck zu lindern.
Eines dieser Landgewinnungsprojekte ist Hulumale. Bis vor wenigen Jahren hat diese Insel noch nicht existiert. Das Hulhule Riff bestand aus Hulule mit dem Flughafen und Farukolhufushi mit dem Club Med. Das gigantische Projekt sieht vor, das gesamte Riff zu einer riesigen Insel aufzuschütten. Der Club Med wird dabei verschwinden, da diese Insel komplett in das neu geschaffene Eiland aufgehen wird. Ein Grossteil der Landgewinnung, mit dem Aufschütten der Insel, ist bereits abgeschlossen. Der Fährterminal und einige weitere Gebäude, welche wir aus der Ferne bereits gesehen haben, sind die ersten Bauten auf Hulumale.
Die Regierung versucht mit diesem Projekt auf der einen Seite den Wohnraum von Male' zu erweitern und auf der anderen Seite, die Bewohner von dünn besiedelten Atollen zum Umzug auf die neue Insel zu bewegen. Der Staat ist nämlich verpflichtet, die Infrastruktur und Ausbildung auf allen auch noch so kleinen und entlegenen Inseln, sicher zu stellen. Die neue Insel ist ein Versuch, Kosten zu sparen. Geht die Rechnung der Regierung auf? Verlassen die Menschen ihre angestammte Insel? Es scheint so, denn es wird uns versichert, dass die grossen Blocks mit Mietwohnungen bereits ein halbes Jahr nach Fertigstellung restlos belegt sind. Das Magnet des wirtschaftlichen Zentrums Male' zieht an. Ins gleiche Kapitel der Umsiedlung geht wahrscheinlich auch das gigantische Bauprojekt in Addu.
Heute ist Freitag was in einem moslemischen Staat wie den Malediven dem Sonntag gleich kommt. Wir brauchen also nicht nach Male' zu fahren um einzukaufen, denn die Läden werden geschlossen haben. Dafür wollen wir Hulumale, diese neu erschaffene Insel erkunden.
Dass die Insel aufgeschüttet wurde hat für uns einen spannenden Nebeneffekt: Am Strand sind hunderte schöner Muscheln zu finden und keine wird von einem Krebs bewohnt. Die gebückte Haltung kommt wieder zum Einsatz und in Rekordzeit ist ein halber Mehlsack gefüllt.
Die breiten Hauptstrassen der neu gebildeten Insel sind als Erstes gebaut worden. Sie überziehen die topfebene Landschaft des Eilands mit einem exakt geometrischen Muster. Wir folgen der Strasse, welche parallel zur Lagune verläuft.
Ein kleines Gebäude neben dem Fährterminal erregt unsere Aufmerksamkeit. Es ist ein überdachter Platz. Auf den massiven Säulen ruht ein Blechdach und die Seitenwände fehlen. Der Boden ist gekachelt und in der Mitte ist eine Art Kinderplanschbecken ohne Wasser zu finden. Überall hat es Wasserabläufe im Boden und am einen Ende der Halle sind Waschbecken zu finden. Ich erinnere mich, etwas ähnliches gestern in Male' gesehen zu haben. Der Fischmarkt hatte ähnliche Becken im Boden, wie dieses Gebäude. Das hier muss der zukünftige Fischmarkt von Hulumale sein. Erstaunlich, welche Gebäude als erstes gebaut werden.
Den Fährterminal lassen wir heute links liegen und fahren weiter bis ans Ende der Insel. Unsere Strasse folgt der Küstenlinie und scheint um die ganze Insel zu führen. Am Aussenriff angekommen können wir die Strasse auf ihrer ganzen Länge überblicken. Sie ist schnurgerade. Unser Blick bleibt an diversen Sandflächen hängen, die auf der Strasse liegen. Überreste des Tsunami. Die Welle hat auf dieser Seite der Insel etliche Sandsäcke einfach aus der Uferverstärkung herausgerissen und weggespült. Die Welle hat die Uferstrasse erreicht und eine Menge Sand zurückgelassen. Dies sind die einzigen Anzeichen der Flutwelle, die wir finden können. Die Insel ist im Gegensatz zu den natürlichen Inseln der Malediven höher gebaut worden und ragt damit mehr als die durchschnittlichen zwei Meter aus dem Meer.
Wir steuern auf die kleine Ansammlung Wohnblocks zu, die in der Mitte der Insel stehen. Es sind die einzigen Bauten, die bis jetzt fertiggestellt wurden. An den Fassaden der Blocks prangen die grossen Ziffern 1 bis 8. Es müssen noch viele, exakt gleiche Wohnblocks folgen, wenn die jetzigen bereits auf diese Art und Weise beschriftet sind. Auf einem freien Platz zwischen den Wohnblocks befindet sich eine Moschee im Bau.
Die Innenhöfe der Blocks und die Strassen davor sind voller Menschen. Viele Kinder spielen vergnügt miteinander. Neugierig halten sie inne und winken uns zu, wenn sie uns erblicken. Fühlen sich die Einheimischen in diesen Wohnsilos wohl? Diese Bauten und die karge Umgebung stehen in krassem Gegensatz zu den Behausungen, die wir in Addu kennen gelernt haben und wie sie sicher ähnlich auch auf den anderen Malediven-Inseln zu finden sind.
Es gibt keine natürliche Vegetation auf Hulumale. Entlang der Strassen sind Palmen, andere Bäume und Büsche gepflanzt. Ein riesiger Lastwagen mit drei grossen Wasserbehältern fährt der Strasse entlang und mit einem Feuerwehrschlauch werden die Pflanzen begossen. Bei diesem Wasserstrahl überleben nur die Stärksten. Auf den riesigen, unbebauten Flächen wuchert Unkraut.
Wir nehmen die nächste Abzweigung in Richtung Lagune und fahren an einer kleinen Einkaufsstrasse entlang. Viele der Geschäftsräume sind noch leer, doch die wichtigsten Läden sind bereits ausgestattet: Lebensmittelläden, Papeterie, Möbelgeschäft, Apotheke, Internetkaffee und zwei kleine Restaurants. Die Lebensmittelläden haben trotz moslemischem Sonntag geöffnet und wir erkunden die Auslage. Die wichtigsten Dinge sind zu finden und wir zücken unsere Einkaufsliste, welche immer dabei ist. Die Artikel sind überraschend günstig. Wir hatten befürchtet, dass die Sachen teurer sind als in Male'. Der Staat scheint mit Subventionen das Leben auf Hulumale günstig zu halten, um damit die Menschen anzulocken.
Schnell füllt sich ein Einkaufskorb nach dem anderen. Interessantes Detail ist, dass wir den Korb nicht selber tragen müssen. Ein Ladenangestellter trägt ihn für uns. Er reicht uns jedes gewünschte Produkt aus dem Regal. Wir brauchen nur unsere Hand auszustrecken, schon schnellt seine Hand vor und bugsiert den Artikel in den Korb. Nur bei den Produkten in der obersten Reihe darf ich mit meiner Körpergrösse selber zulangen.
Unser Rückweg zum Dingi führt uns an einem kleinen Spital vorbei. Es ist auf dieser Insel bereits alles vorhanden, was es in einer Dorfgemeinschaft an Bedürfnissen zu decken gilt. Weitere Angebote wie Schulen, etc. werden folgen. Der Bau einer Stadt braucht seine Zeit. Wie wird die Insel wohl in zehn Jahren aussehen?
 
Wir sind vorbereitet für eine weitere Einkaufstour in Male'. Mit dabei ist der defekte Alternator. Vielleicht finden wir einen Ersatz oder eine gute Werkstädte, die den defekten reparieren kann. Den Weg nach Male' kennen wir schon: Paddeln, Dingi an Land heben und abschliessen, radeln, Ticket kaufen, warten, Velo und Anhänger verladen, Dhonifahrt geniessen, ausladen, Anhänger anhängen und los geht es unter den Blicken aller Einheimischen.
Unser Tradition gemäss wollen wir auch diese Insel einmal umrunden. Auf das Suchen von Muscheln verzichten wir aber, denn der ganze Uferbereich der Hauptstadtinsel ist verbaut und befestigt. Jeder freie Quadratmeter scheint genutzt zu sein und ich staune, was es in den im rechten Winkel zueinander angeordneten Strassen alles zu sehen gibt. Da steht ein riesiger Treibstofftank direkt neben einem Wohngebäude und dem Spital. Der Abstand zwischen Tank- und Gebäudewand beträgt keine fünf Meter. Wichtige Regierungsgebäude sind durch hohe Mauern von der Umwelt abgeschirmt. Beim Eingangstor ist auf beiden Seiten eine Wachloge angebracht. Nur ein schmaler Schlitz in der Mauer lässt dem Wachsoldaten den Blick auf die Strasse frei. Uns leuchten aus dem Schatten zwei helle Augen aus einem dunklen Gesicht entgegen. In der engen Gasse neben dem Regierungsgebäude reiht sich ein Nähatelier an das nächste. Fleissig wird in ihnen auf für uns altertümlich wirkenden Maschinen genäht und von Hand gestickt. Zwischen den Hausdächern leuchtet hell die goldene Kuppel einer Moschee und durch den Strassenlärm versucht sich die Stimme eines Muezzin den Weg zu den Gläubigen zu bahnen. Der Blick in den nächsten Hinterhof zeigt ein anderes Bild von Male': Abfall und Schutt.
Wir kommen zurück in das uns bereits bekannte Gebiet der Hauptstadt und wir steuern zielstrebiger durch die vielen Einbahnstrassen. Wir wissen, wo wir als nächstes Einkaufen wollen: Wir haben einen kleinen Supermarkt entdeckt. Leider hatte er das letzte Mal geschlossen und wir konnten die Auslage nur durch die Fenster begutachten. Wir finden das Geschäft auf Anhieb wieder und stehen erneut vor verschlossenen Türen... Es öffne heute, aber erst am späten Nachmittag. Das bringt unsere ganze Planung durcheinander. Also doch zuerst zu den vielen kleinen Läden beim Fischerhafen.
Hier herrscht reges Treiben. Soeben haben die Fischerdhonis im Hafen festgemacht und die Besatzungen tragen den Fang über die Strasse in den Markt. Sie benutzen für den Transport keine Behälter oder Karren. An jeder Hand tragen sie fünf oder sogar mehr Fische, wie wir manchmal Flaschen zwischen den Fingern tragen. Auf diese Weise wird der gesamte Fang eines Dhonis gelöscht. In der Markthalle landen die Fische in den bereits erwähnten Pools. Eine praktische Angelegenheit. Nach dem Markt kann der Platz nämlich sehr einfach gereinigt werden.
Wer seinen Kauf nicht selber ausnehmen und filetieren will, kann dies im Markt erledigen lassen. Neben den Verkaufspools, stehen hinter grossen Tischen die Filetierer mit ihren Messern bereit. Mit geschickten, flinken Händen erledigen sie ihre Arbeit und die fertig präparierten Fischstücke landen in einer Plastiktüte. Wir verzichten auf einen Kauf. Der Fisch wäre verdorben, bis wir zurück auf dem Schiff wären.
Der Fischmarkt ist völlig in Männerhand, was übrigens auch auf all die Geschäfte zutrifft, die wir betreten. Frauen sind nirgends zu sehen. Der Islam verbietet ihnen ausserhalb ihres Heimes zu arbeiten.
Zwei Säcke Mehl à 22.5 kg landen im Leggero. Eine Schachtel Cracker, eine Staude Bananen, drei Kanister Speiseöl, Zwiebeln, Knoblauch und Kürbisse kommen oben drauf. Die Ladekapazität des Leggero ist einmal mehr erreicht und der Einkauf im Supermarkt steht noch aus.
Von unserem Agenten haben wir einen Tipp bekommen, wo wir unseren Alternator reparieren lassen können. Wir finden die Werkstädte ohne grosse Mühe und ich trete in die kleine Werkhalle. Du meine Güte, was herrscht hier für ein Chaos. Der ganze Raum ist mit Teilen von Elektromotoren verstellt. Einzelne Wicklungen liegen in einer Ecke herum. Nur ein schmaler Gang ist noch frei.
In einem klimatisierten Raum stehen zwei grosse Schreibtische und ein Fernseher läuft. An der Wand gegenüber der Pulte hängt eine riesige Holzwand mit sämtlichen Werkzeugen der Werkstadt darauf eingezeichnet. Im Vorraum stehen zwei Werkbänke und Arbeiter sind damit beschäftigt neue Wicklungen für Motoren herzustellen. Bin ich hier wirklich am richtigen Ort?
Ich packe unseren defekten Alternator aus und überreiche ihn dem englisch sprechenden Chef. Ich könne am Abend wieder vorbeikommen, dann könne er mir sagen, was defekt sei und was eine Reparatur kosten werde. Ich bin gespannt.
In der Zwischenzeit hat der Supermarkt seine Pforten geöffnet und der Einkauf kann weiter gehen. Noch einmal füllen wir drei Kartonschachteln mit Lebensmitteln: Reis, Konservenfleisch, usw. Wir staunen einmal mehr, was alles zusammenkommt.
Bei so vielen Lebensmitteln beginnt der Magen zu knurren. Im Anschluss an die Einkaufstour wollen wir es uns im Seagull Café gemütlich machen. Die Speisekarte hat es uns beim letzten Besuch nämlich sehr angetan. „Gömmer jetzt go Glace us sueche?" Nicht so schnell, liebe Mädels, zuerst wollen wir etwas anderes von der Speisekarte bestellen.
Wir geniessen die feinen, frischen Zutaten auf dem Salat, die knackigen Pommes Frites und das einheimische Nudelgericht. Das Glace darf als Abschluss natürlich nicht fehlen. Und wie hoch fällt nach diesem Festschmaus die Rechnung aus? Für das ganze Abendessen bezahlen wir 180 Rufia was 18 Schweizer Franken entspricht…
Der Alternator kommt da um einiges teurer. Eine Schraube hat sich im Innern gelöst. Der dadurch entstandene Kurzschluss hat die Wicklung verbrannt. In jedem anderen Land würde man jetzt den ganzen Stator ersetzen. Nicht so in den Malediven. In Handarbeit wird dem defekten Stator für 900 Rufia eine neue Wicklung verpasst. Der Chef verspricht mir die Reparatur in der Rekordzeit von 24 Stunden zu erledigen. Einfach genial, denn wir wollen in den nächsten Tagen weiter, nachdem das Expresspaket mit der neuen Festplatte aus der Schweiz bei uns eingetroffen ist. Gemäss Tracking-System liegt es im Moment in Singapur und waret auf den nächsten Flieger in die Malediven.
 
PAUSE! Unsere Kinder und auch wir mögen nicht schon wieder nach Male' fahren und uns in das Gewühl von Verkehr und Läden stürzen. Schiffstag ist angesagt. Als erstes habe ich mir heute vorgenommen, das Mehl aus den Säcken in die blauen Fässer umzufüllen, damit keine Feuchtigkeit daran gelangen kann. Ich öffne den ersten Sack und blicke hinein. Sieht gut aus und ich beginne damit, den Inhalt in grossen Zügen umzufüllen. Stopp. Irgend etwas kriecht in der weissen Mehllandschaft herum. Ich gehe näher und erkenne einen schwarzen Käfer. Das Mehl muss gesiebt werden… Das bereits abgefüllte Mehl muss noch einmal umgefüllt werden.
Ich bin den ganzen Tag damit beschäftigt, das Mehl von Käfern und Maden zu reinigen. Ich erinnere mich an das Sprichwort „die Katze im Sack kaufen". Bei allen Produkten, die wir in grossen Säcken gekauft haben, hatten wir bis jetzt keinen grossen Erfolg. Doch das Mehl ist nicht verloren oder verdorben. Es ist nur mit einigem Aufwand verbunden, das Mehl vom Ungeziefer zu reinigen.
Den Tag beschliessen wir mit Diesel tanken. Dieses Mal geht es einfacher als in Addu. Ein spezielles Dhoni kommt längsseits von uns und füllt unsere Kanister gleich auf ihrem Schiff ab. Ich bin froh, geschieht das Abfüllen auf ihrem Schiff, denn der Schlauch und der Förderdruck ist so gross, dass immer wieder ein Gutsch aus dem Kanister schwappt.
Es ist erstaunlich, was in den Malediven alles mit dem Schiff transportiert wird. Alle diese Schiffe werden in den Malediven in Handarbeit hergestellt. Die Einheimischen haben im Laufe der letzten Jahrhunderte verschiedene Schiffstypen entwickelt. Bis heute werden diese Schiffe ganz ohne Plan und immer nach dem Gedächtnis der Bootsbauer gebaut, was das immer wieder wechselhafte Aussehen entschuldigt. Diese Kunstfertigkeit wird seit jeher von Generation zu Generation überliefert.
Das bekannteste und bis heute weitverbreitetste unter den Booten ist zweifelsfrei das Dhoni: Ein 12 bis 18 Meter langes, leichtes und schnelles Allroundtransportmittel mit hoher Stabilität, das auch dem Fischfang dient. Früher hatten die Dhonis ein Latein-Segel, doch heute sorgen Dieselmotoren für eine grössere Reichweite und eine relativ hohe Geschwindigkeit.
 
Noch einmal füllen wir in Male' den Leggero bis zum Rand mit Lebensmitteln. Nach unseren Berechnungen sollten wir nun bis ins Mittelmeer mit Nahrungsmitteln eingedeckt sein. Von unserem Agenten (wir haben uns entschieden, dem Rat des Zollbeamten zu folgen) wird uns das sehnlichst erwartete Expresspaket aus der Schweiz überreicht. Vier Tage hat es für die Strecke benötigt. Wir überreichen AMSCO unsere Pässe und Schiffspapiere für das Ausklarieren. Was jetzt noch fehlt ist der reparierte Alternator. Leider ist dieser noch nicht bereit. Er wird mir für den nächsten Tag versprochen…
 
Die letzte Fahrt nach Male' nehme ich alleine unter die Füsse und Räder. Susan und die Kinder bleiben beim Baustellencamp bei unserem Schiff. Sie wollen versuchen Wasser für unsere Decks-Kanister zu bekommen. Dieses Wasser brauchen wir fürs Wäsche waschen. So müssen wir nicht auf unsere begrenzten Ressourcen im Wassertank zurückgreifen.
 
Es ist schon etwas anders, alleine unterwegs zu sein. Auf der einen Seite ist es einfacher, auf der anderen Seite fehlt etwas. Alles läuft wie am Schnürchen: Dem Geldautomaten entnehme ich das noch nötige Geld, bei AMSCO bekomme ich alle nötigen Papiere für die Weiterfahrt und in der Alternator-Werkstatt bekomme ich nach einer weiteren Stunde Wartezeit das reparierte Teil überreicht.
Drei Stunden nach meiner Abfahrt bin ich bereits zurück beim Schiff. Susan hat jede Menge Wasser erhalten und bereits alles aufs Schiff geschleppt und verstaut. Der Leggero ist ebenfalls zurück auf der PANGAEA. Wir wären also bereit, in See zu stechen. Doch wie wäre es mit einem letzten Ausgang, bevor wir aufbrechen?
Eine Stunde später sitzen wir ohne irgendwelche Einkäufe getätigt zu haben im Seagull Café und geniessen ein reichhaltiges Abendessen. Das Bargeld ist genau gezählt und dadurch, dass der Agent und der Alternator weniger gekostet haben, ist ein kleiner Rest übrig um zu schlemmen. Wir alle geniessen diesen letzten Landgang in vollen Zügen.
Male' scheint uns zu verabschieden. Beim Park in der Nähe des Fähranliegers sprudelt ein Springbrunnen, beleuchtet in den schönsten Farben. Und die Landesflagge der Malediven weht nach einem Monat auf Halbmast nun wieder beleuchtet an der Spitze des riesigen Fahnenmastens. Bereits sind ein Monat seit der Tragödie der Flutwelle vergangen.
 
Wir sind bereit für die nächste Etappe Richtung Rotes Meer. Als erstes wollen wir noch mehr Nord gut machen und vielleicht noch einmal eine Insel besuchen. Auf geht es.
 
Skyline von Male
 
 
 
 
 
ruhig
 
Male'
 
Hulumale
 
Wassertaxis
 
hoch...
 
vorne...
 
Hafen
 
Fang
 
Frisch...
 
bestaunt
 
Mehlmade
 
Hulumale
 
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